Stellungnahme des Jugendrings
Darmstadt zur U-18 Kommunalwahl 2021
Parallel zur Kommunalwahl in
Hessen fand in Darmstadt die einzige hessische U-18 Kommunalwahl statt. An
dieser können Kinder und Jugendliche, die in DA wohnen und jünger als 18 Jahre
alt sind, teilnehmen und so ein Zeichen setzen. Die U-18 Wahl ermöglicht es allen
Kindern und Jugendlichen, unabhängig ihres Aufenthaltsstatus, sich politisch zu
äußern. Damit tragen wir zu einer demokratischen und inklusiven
Stadtgesellschaft bei, in der Aufenthaltsgenehmigung und Pass-Zugehörigkeit
nicht stigmatisieren und von politischer Teilhabe ausgrenzen.
Organisation der U18 Wahl
Der Jugendring hat in Kooperation
mit dem Jugendbildungswerk diese U-18 Wahl realisiert. Wir freuen uns sehr über
die Kooperation mit dem engagierten Team des Jugendbildungswerk. So konnten
auch mit knappen personellen Ressourcen in kurzer Zeit alle Jugendliche in
Darmstadt schriftlich kontaktiert und zur Wahl eingeladen werden. Zudem fanden
Workshops im Vorfeld der Wahl statt, um über das kommunale Wahlsystem und die
demokratischen Strukturen einer Kommune aufzuklären. Diese Art der Aufklärung
und politischen Bildung betrachten wir als wichtigen Beitrag zu einer mündigen
Gesellschaft, in der Kinder- und Jugendliche zu verantwortungsvollen
Erwachsenen heranwachsen, die die strukturellen Voraussetzungen kennen und
gestalten können. Als Wahllokale beteiligten sich 14 Jugendzentren und
-Einrichtungen, sowie eine Schule. Finanziell unterstützt wurde die Wahl durch
das Bundesprogramm „Demokratie Leben“.
Bedeutung der Wahl für
Kinder- und Jugendliche
Wir haben vor der Kommunalwahl
und parallel zur U-18 Wahl sehr viele Rückmeldung von Kindern, Jugendlichen und
Eltern erhalten, die sich sehr über die Möglichkeit zur politischen Teilhabe
gefreut haben. Insbesondere die vielen persönlichen und individuellen
Geschichten haben uns berührt und uns gezeigt, wie stark das Interesse der
Heranwachsenden an Politik ist. Dazu einige Beispiele, von denen wir erfahren
durften:
- die Jugendliche, die nicht die
Partei ihres Vaters wählt, sondern bewusst eine andere Partei und am Esstisch
mit ihrer Familie lebhaft und leidenschaftlich diskutiert.
- die Jugendliche, die am ersten
Tag der Wahl ihren Zettel abgibt und stolz sagt, dass es ihre erste Wahl ist.
-Die Jugendliche, die noch nicht
lange in Deutschland lebt und voller Freude an der Wahl teilnimmt, da das für
sie als junge Frau keine Selbstverständlichkeit sei.
- die Jugendlichen, die in ihr
Jugendzentrum gehen und den Wahlzettel abgeben und zum ersten Mal seit Wochen
und Monaten in Corona-Zeiten wieder Kontakte zu den Pädagog*innen aufgreifen.
-Die Jugendlichen, die in einem
Workshop zahlreiche Beispiele nennen, wo sie gerne mitbestimmen würden.
Ergebnisse: Jugend gegen rechtspopulistische
Verhältnisse
Es zeigt sich eine klare Mehrheit
für linke und ökologische Politik. Insbesondere Die Grünen, konnten bei den
Jugendlichen punkten. Gefolgt aber mit beträchtlichem Abstand von den Parteien
SPD, Die Linke, CDU und Die PARTEI. Auffällig ist dabei noch das Ergebnis der
erstmals zur Wahl angetretenen Partei VOLT, die sich offensichtlich jungen
Wähler*innen als Alternative angeboten hat.
Keine große Rolle spielten AFD, FDP sowie die kleineren kommunalen
Wählervereinigungen. Unter diesen rein kommunalen Gruppen sticht nur UFFBASSE
hervor.
So weicht das Ergebnis im Großen
und Ganzen nicht sonderlich von der Kommunalwahl ab, setzt aber etwas andere
Akzente.
Bedeutung und Konsequenzen
für politische Partizipation
Bei der Durchführung der Wahl
zeigten sich einige strukturelle Herausforderungen, die wir kurz zum Gegenstand
machen und hieraus politische Konsequenzen ableiten möchten.
Insbesondere die eingeschränkte
Erreichbarkeit der Jugendlichen durch die Corona-Pandemie stellt uns und die
Organisationen der Kinder und Jugendarbeit vor besondere Herausforderungen: Die
Einrichtungen und Angebote der freien und kommunalen Träger leisten einen hohen
Beitrag zur politischen Partizipation. Die anhaltenden Beschränkungen führen
jedoch zu einem sehr reduzierten Zugang der Jugendlichen zu den Angeboten und
somit zur Verringerung von politischer Teilhabe und politischer Bildung. Wir
sehen die gewählten politischen Vertreter*innen hier in der Verantwortung, die
Organisationen der Kinder- und Jugendarbeit zu unterstützen und etwa digitale
Kommunikation zu schulen, die Träger mit entsprechender Technik auszustatten
bzw. Möglichkeiten für diese Angebote zur Verfügung zu stellen.
Außerdem sehen wir ein großes
Potential darin, kommende U-18 Wahlen vermehrt auch digital durchzuführen und
so für Jugendliche einen noch niederschwelligeren Zugang zu ermöglichen. Hier
sehen wir eine Förderung durch die politischen Gremien und die Stadtverwaltung als
notwendig an.
Erschwert wurde die Wahl auch
durch eine geringe Teilnahme von Schulen als Wahllokale und
Kooperationspartner*innen. Wir führen dies auf den bestehenden Wechsel- bzw. zu
Hause stattfindenden -Unterricht zurück und hoffen auch hier für eine baldige
Entspannung für die vor Ort tätigen Lehrkräfte, die auch im Bereich der
politischen Bildung einen wichtigen Beitrag leisten.
Darüber hinaus betrachten wir es
als zu kritisierenden Faktor, dass die U18 Wahl keine verpflichtenden
Konsequenzen zur Folge hat und somit ein geringeres Interesse zur Wahl
ausstrahlt. Hier wünschen wir uns politische Lösungen, die eine verbindliche
Jugendbeteiligung vorsehen und auch die Senkung des Wahlalters sollte in der
kommenden Legislaturperiode erneut diskutiert werden.
WENIGER